Okkulte Rituale

Morten Delapore bleibt auch nach eingehenden Recherchen und langwierigen Studien weitestgehend im Dunkeln. Er war gleichermaßen kalkulierender Geschäftsmann wie freiheitsliebender Künstler, kühler Naturwissenschaftler aber auch Fantast und Visionär.

So soll der ominöse Okkultist Aleister Crowley dreimal während seiner Pariser Jahre – also zwischen 1924 und 1929 bei Morten Delapore zu Gast gewesen sein. Ein Gästebucheintrag im Khimintu Mansion vom Sonntag, den 26. Juni 1927 zeugt bis heute von einem dieser Aufeinandertreffen. Hier betont der britische Bergsteiger, Schriftsteller und Gründer zahlreicher Geheimgesellschaften, dass ihn die „Gespräche“ mit Morten Delapore „beflügelt und inspiriert“ hätten. Er sieht in dem zurückgezogen lebenden Motelkettenbesitzer einen „Weltenlehrer“ und Eingeweihten und kündigt zum Jahreswechsel einen weiteren Besuch in Old Creak am Grand Lake an.

Von dort gibt es zwar keine offiziellen Aufzeichnungen, doch eine ehemalige Angestellte des Etablissements, deren Namen wir hier leider nicht nennen dürfen, schrieb in ihrem Tagebuch ausgiebig von den gemeinsamen Spaziergängen und Diskussionen der beiden Persönlichkeiten.

Crowley wurde schon in Jugendjahren von seiner Mutter als der „Antichrist“ und das Biest, jenes große Tier aus der Johannesapokalypse, dessen Zahl 666 ist, bezeichnet. Sie steckte ihn in ein Internat, da er mit aufkeimender Pubertät gegen die strenge Religiosität der Familie aufbegehrte. Er fühlte sich in seiner Rolle als hinterfragender Querdenker dermaßen wohl, dass er sich bald darauf mit Magie, Satanismus und mit anderen okkulten Lehren zu beschäftigen begann. Er wurde im November Mitglied des Hermetic Order Of The Golden Dawn und begann sich mit magischen Ritualen zu beschäftigen, parallel dazu auch mit bewusstseinserweiternden Substanzen wie mit Opium, Kokain, Morphin, Ether oder Chloroform. Wegen seiner homosexuellen Neigungen wurde er aber bald aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Dies bestärkte ihn jedoch nur weiter in seinem Streben und 1904 verfasste er unter ominösen Umständen das „Liber Legis„, das Buch des Gesetzes, das ihm fortan al Fundament seiner zahlreichen Betätigungen diente. Darin verkündet er den Anbeginn eines neuen Äons, in dem der Mensch sich der göttlichen Mächte in Gestalt der neuen Trinität der Götter Nuit, Hadit und Ra-Hoor-Khuit versichern und mit ihnen verschmelzen könne, wodurch er selber Göttlichkeit erlange.

Crowleys Beschäftigung mit Sexualmagie brachte ihn außerdem in Kontakt mit dem Ordo Templi Orientis, den er sogar zwischenzeitlich leitete. Er erschuf eine neureligiöse Bewegung namens Thelema und legte 1935 sein eigenes Thoth-Tarot vor. Sein Einfluss auf etliche Geheimbünde und Orden ist nicht zu unterschätzen, auch der Wicca-Kult trägt zahlreiche Ideen Crowleys in sich. Auch aufgrund seiner sexuell aufgeladenen Schriften erlangte Crowley in den 1970er Jahren eine große postume Popularität. Am 1. Dezember 1947 verstarb er in Hastings in der Pension Netherwoods mit 72 Jahren unter den Worten „I’m perplexed“, zu Deutsch „ich bin verwirrt“.

Es ist uns nicht gelungen zu ergründen, welchen Einfluss Aleister Crowley auf das Wirken Morten Delapores hatte, aber die beiden Individualisten und Visionäre schienen noch bis zu Mortens mysteriösem Verschwinden in regem Briefkontakt gestanden zu haben.