Die Tage auf Anglesey

Die De La Poers waren als vermeintliche Fremde in dem kleinen Küstendörfchen Moelfre alles andere als beliebt. Das mag einerseits an der verschlossenen Art  der walisischen Inselbewohner gelegen haben, aber andererseits waren die Neuankömmlinge nicht sonderlich gesellig.

Die beiden etwa 3 Meter hohen Menhire von Penrhos Feilw (©J. E. Walkowitz)

So wurden die De La Poers häufig bei geheimnisvollen Unternehmungen in der Nähe alter Gräber und Megalithanlagen der Gegend gesehen. Sie trugen dabei seltsame Roben mit okkulten Symbolen und sangen unheilige Lieder verblichener Zivilisationen. Häufig hielt sich die Familie nachts auch in der Nähe der Ruinen von Beaumaris Castle auf und durchstreifte die alten Gemäuer. Die Menschen der Region vermuteten bald, dass die Neulinge etwas mit der 1452 in jener Feste hingerichteten Hexe Eleanor Cobham zu tun hatten und mit finsteren und bösen Ritualen ihre Seele wieder heraufbeschwören wollten. Andere tuschelten hinter vorgehaltener Hand von Tieropfern oder unzüchtigen Orgien. Oft flüsterte man auch von Satan oder noch älteren Gottheiten des Verderbens.

Beaumaris Castle aus der Luft (©Cadw)

Aber den Delapores, wie sie der Einfachheit halber von den Einheimischen genannt wurden, konnte nie etwas nachgewiesen werden. Als jedoch 1913 in Moelfre einige Einwohner auf mysteriöse Weise verschwanden, spitzte sich die Lage mehr und mehr zu. Im Frühjahr 1915 eskalierte die Situation gänzlich. Kurz zuvor wurden einige Säuglinge und Kleinkinder wie vom Erdboden verschluckt, woraufhin ein Mob wütender Waliser mit Fackeln, Knüppeln und Fischerhaken gen Herrenhaus der Delapores zog. Der greise Prachtbau wurde in Brand gesteckt und die ganze Familie erschlagen – bis auf den 19-jährigen Morten und einige Bedienstete. Seine Flucht sollte ihn – trotz des um sich greifenden Weltkrieges – direkt in die USA bringen, genauer gesagt nach Grand Chenier, Louisiana.